Welcher Pflegegrad wird bei Inkontinenz erteilt?

Die häusliche Pflege eines lieben Menschen, der unter leidet, kann für dessen Angehörige eine nicht zu unterschätzende Herausforderung darstellen. Durch die Erteilung eines Pflegegrads können pflegende Angehörige durch die damit verbundenen Leistungen entlastet und die Lebensqualität eines inkontinenten Menschen kann deutlich verbessert werden.

Hier erfahren Sie, was genau unter dem Begriff zu verstehen ist, ob aufgrund von Inkontinenz ein Pflegegrad beantragt werden kann, welche Rolle dabei das sogenannte Pflegegutachten spielt und welche Dinge Sie bei der Antragsstellung beachten sollten.

Was ist Inkontinenz?

Mit zunehmenden Alter leiden viele Menschen unter Inkontinenz. Damit wird der unkontrollierte Verlust von Harn und Stuhl bezeichnet. Die Harninkontinenz wird häufig auch Blasenschwäche genannt und kann sich in verschiedenen Formen äußern. Dazu gehören unter anderem:

  • : Dies ist die häufigste Art von bei Frauen. Von ihr spricht man, wenn es bereits durch kleine körperliche Anstrengung wie Husten, Niesen oder auch das Heben von schweren Gegenständen zum Harnverlust kommt.
  • : Es tritt ein plötzlicher, starker Harndrang auf, der zu einem unkontrollierten Harnabgang führt.
  • Tröpfel-Inkontinenz: Nach dem Wasserlassen kommt es zum sogenannten „Nachtröpfeln“. Hierbei gehen weitere wenige Urintropfen ab, die in der Harnröhre verblieben sind.
  • Gemischte Inkontinenz: Kombination aus Belastungsinkontinenz und Dranginkontinenz.
  • : Tritt auf, wenn die Blase nicht richtig entleert wird und Harn in kleinen Mengen über einen längeren Zeitraum verloren geht.

Die Ursachen der verschiedenen Formen von Inkontinenz sind verschieden. Mit zunehmendem Alter kann die Blasenmuskulatur schwächer werden und zu einer Blasenschwäche führen. Daneben können z. B. auch eine geschwächte Beckenbodenmuskulatur, Übergewicht, Harninfektionen, bestimmte Medikamente oder Krankheiten wie Demenz, Diabetes oder Parkinson zu Inkontinenz führen.

Inkontinenz: Ein Pflegegrad kann den Alltag erleichtern

beeinträchtigt nicht nur die Lebensqualität von Betroffenen, sondern hat auch erhebliche Auswirkungen auf deren Selbstwertgefühl und die körperliche Gesundheit. Daher stellt eine Inkontinenz eine besondere Herausforderung für die häusliche Pflege dar. Dies gilt besonders für die Haut- und Körperpflege, denn das warmfeuchte Milieu im Intimbereich kann z. B. zu Hautreizungen oder Harnwegs- und Blaseninfektionen führen.

Die häusliche Pflege eines lieben Menschen mit Inkontinenz lässt sich mit verschiedenen Maßnahmen erleichtern. Dabei kommt es besonders auf Einfühlungsvermögen an: Pflegende Angehörige, die einem lieben Menschen einfühlsam und verständnisvoll gegenübertreten, können dazu beitragen, dass sich diese*r wohler und sicherer fühlt. Folgende Dinge können die häusliche Pflege zusätzlich erleichtern:

  • Therapeutische Maßnahmen, die zu Hause durchgeführt werden können. Dazu zählen z. B. feste Toilettenzeiten, angepasste Trinkmengen, oder Medikamente, die den Harndrang verringern.
  • Verwendung von technischen oder zum Verbrauch bestimmten Pflegehilfsmitteln. Dazu gehören z. B. Urinflaschen und Toilettenstühle oder Inkontinenzprodukte wie TENA Pants.

Neben der Versorgung mit Inkontinenzprodukten und anderen Hilfsmitteln, auf die Krankenversicherte mit Inkontinenz Anspruch haben, können insbesondere die Pflegeleistungen eines Pflegegrades pflegende Angehörige im Alltag entlasten.

Pflegegrad und Inkontinenz

Grundsätzlich gilt, dass kein Anspruch auf einen Pflegegrad bei allein besteht. Das heißt konkret: Die Erteilung einer Pflegestufe bei Inkontinenz hängt von anderen Faktoren bzw. Erkrankungen ab, z. B. Demenz, die auch die Ursache der Inkontinenz sein können. Die Voraussetzung für die Bewilligung eines Pflegegrads bei Inkontinenz ist das sogenannte Pflegegutachten.

Das Pflegegutachten wird von der Pflegekasse durchgeführt, um die Pflegebedürftigkeit einer Person zu ermitteln und den geeigneten Pflegegrad festzulegen. Dabei werden verschiedene Kriterien berücksichtigt, die Aufschluss über die Pflegebedürftigkeit geben. Dazu gehören:

  • Mobilität: Hier wird beurteilt, ob Ihr*e Angehörige*r in der Lage ist, sich selbstständig fortzubewegen und eventuell notwendige Hilfsmittel eigenständig zu verwenden.
  • Kognitive und kommunikative Fähigkeiten: Ist die zu pflegende Person noch in der Lage, sich örtlich und zeitlich zu orientieren und notwendige Entscheidungen zu treffen?
  • Verhaltensweisen und psychische Problemlagen: Benötigt Ihr*e Angehörige*r Hilfe wegen psychischer Probleme?
  • Selbstversorgung: Hier wird beurteilt, inwieweit die pflegebedürftige Person in der Lage ist, sich selbstständig zu waschen und an- oder auszuziehen.
  • Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Belastungen: Benötigt Ihr*e Angehörige*r Hilfe beim Umgang mit seinen*ihren Krankheiten und deren Behandlungen wie z. B. Verbandswechsel?
  • Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte: Kann die pflegebedürftige Person ihren Tagesablauf selbstständig planen oder Kontakte weiterhin pflegen?

Inkontinenz: Welche Pflegestufe ist möglich

Welcher Pflegegrad bei erteilt wird, hängt nicht von der Stärke der Blasenschwäche, sondern der generellen Pflegebedürftigkeit Ihrer*s Angehörigen ab. Diese wird durch insgesamt fünf abgestufte Pflegegrade beschrieben: Pflegegrad 1 gilt für Menschen, die nur gering in ihrer Selbstständigkeit beeinträchtigt sind, während der Pflegegrad 5 für Menschen mit dem höchsten Pflegebedarf bzw. besonders hohen Anforderungen an die pflegerische Versorgung steht.

Die Pflegegrade legen zudem die Höhe der finanziellen Leistungen der Pflegeversicherung fest, z. B.:

Wichtig: Die Pflegehilfsmittelpauschale in Höhe von bis zu 40 Euro monatlich zum Verbrauch bestimmter Pflegehilfsmittel wie Inkontinenzmaterial gilt bereits ab Pflegegrad 1. Sollte eine*r Ihrer Liebsten unter Inkontinenz und zusätzlich unter weiteren, wenn auch geringen Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit leiden, sollten Sie sich um die Erteilung der Pflegestufe bemühen. Ab Pflegegrad 2 haben Pflegebedürftige zudem Anspruch auf Pflegegeld oder Sachleistungen wie z. B. durch ambulante Dienste, die Sie als pflegende Person weiter entlasten können.

Tipps für den Antrag auf einen Pflegegrad bei Inkontinenz

Falls eine*r Ihrer Liebsten neben z. B. zusätzlich unter Demenz oder körperlichen Behinderungen leiden sollte, steht bei Inkontinenz einer Pflegestufe in der Regel nichts mehr im Weg. Der Antrag muss dazu bei der jeweiligen Pflegeversicherung oder Pflegekasse gestellt werden. Als pflegende Person benötigen Sie dazu eine Vollmacht. Nachdem der Antrag eingegangen ist, wird Ihnen ein Termin für das Pflegegutachten bzw. die Feststellung der Pflegebedürftigkeit durch einen medizinischen Dienst oder eine*n Gutachter*in mitgeteilt.

Da das Pflegegutachten bei Ihrer*m Angehörigen zuhause durch eine*n Gutachter*in erstellt wird, sollten Sie sich gemeinsam darauf vorbereiten. Von diesem kurzen Termin hängt ab, ob und in welcher Höhe ein Pflegerad erteilt wird. Daher sollten Sie z. B. alle ärztlichen Dokumente sammeln und ein Pflegetagebuch führen. Unter anderem wird auch geprüft, ob die Inkontinenz die zu pflegende Person in ihrem*seinen Alltag einschränkt. Dies kann bei Erteilung des Pflegegrads eventuell eine Erhöhung der Pflegeleistungen ermöglichen. Die Bearbeitungsfrist für Anträge beträgt 25 Tage.

Pflegestufe bei Inkontinenz: Entlastung für pflegende Angehörige

Die Pflegeleistungen, die ein Pflegegrad mit sich bringt, können nicht nur das Wohlbefinden und die Lebensqualität eines lieben Menschen, der an Blasenschwäche leidet, steigern. Je nach Höhe des Pflegegrades profitieren auch pflegende Angehörige von den unterschiedlichen Leistungen, indem sie auf verschiedene Art und Weise in ihrem anspruchsvollen Pflegealltag entlastet werden können. Auch wenn Inkontinenz allein nicht automatisch zu einem Pflegegrad führt, sollten Sie dennoch prüfen, ob die Voraussetzung für eine Bewilligung erfüllt sind.