Familienpflegezeit: Mehr Zeit für die Pflege

Wenn sich Angehörige dazu entschließen, einen ihrer Liebsten zuhause zu pflegen, stellt diese Entscheidung deren Alltag völlig auf den Kopf. Insbesondere dann, wenn pflegende Angehörige noch berufstätig sind, ist es nahezu unmöglich, Beruf und Pflege miteinander zu vereinbaren. Die Familienpflegezeit unterstützt Sie dabei, Ihren Alltag flexibler zu gestalten, sodass Ihnen mehr Zeit für die Pflege Ihrer Liebsten bleibt.

In diesem Beitrag beantworten wir die wichtigsten Fragen rund um die Familienpflegezeit: Was ist Familienpflegezeit, wer hat Anspruch darauf und welche Voraussetzungen gelten, um Familienpflegezeit zu beantragen?

Was ist Familienpflegezeit?

Die Familienpflegezeit soll pflegende Angehörige dabei unterstützen, Pflege und Berufsleben besser miteinander zu vereinbaren. Dazu können diese, je nach Pflegebedarf der zu pflegenden Person, ihre wöchentliche Arbeitszeit auf bis zu 15 Stunden reduzieren. Diese Mindestarbeitszeit gilt dabei im Jahresdurchschnitt: Sie können Ihre Arbeitszeit flexibel aufteilen und an die Pflegebedürfnisse Ihrer*s Liebsten anpassen.

Während der Familienpflegezeit steht Ihnen jedoch keine Lohnfortzahlung durch Ihren Arbeitgeber zu. Damit Sie finanziell abgesichert sind, wenn Sie sich Familienzeit nehmen, steht Ihnen ein zinsloses Darlehen vom Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA) zu. Dieses wird in monatlichen Raten ausgezahlt und beträgt die Hälfte des ausgefallenen Netto-Arbeitsentgelts. Es muss innerhalb von 48 Monaten nach Beginn der Familienpflegezeit zurückgezahlt werden.

Familienpflegezeit: Soziale Absicherung

Wenn Sie Familienzeit nehmen, sind Sie auch weiterhin sozial abgesichert. Ihre Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung werden dabei auf Antrag von der Pflegekasse Ihres*r nahen Angehörigen bezuschusst.

Ihre Beiträge zur Rentenversicherung werden weiterhin von Ihrem Arbeitgeber bezahlt, fallen für die Dauer der Familienpflegezeit aber niedriger aus, da Sie durch Ihre Teilzeitbeschäftigung weniger verdienen und sich die Beiträge aus Ihrem Einkommen berechnen. Jedoch können Sie auch hierfür Zuschüsse bei der Pflegekasse beantragen. Ihre Unfallversicherung wird dagegen komplett durch den Staat übernommen.

Familienpflegezeitgesetz

Die rechtliche Grundlage der Familienpflegezeit bildet das am 1. Januar 2015 in Kraft getretene und neu überarbeitete Familienpflegezeitgesetz (FPfZG). Dieses stellt nicht nur den Rechtsanspruch auf Familienpflegezeit für Beschäftige und deren Kündigungsschutz sicher, sondern regelt auch die Voraussetzungen, unter denen pflegende Angehörige Familienzeit beantragen können. Dazu wurde unter anderem der Begriff des*der „nahen Angehörigen“ erweitert.

So können Beschäftigte laut Familienpflegezeitgesetz Familienpflegezeit beantragen, wenn es sich bei der zu pflegenden Person um folgende Personen handelt:

  • Großeltern, Eltern, Schwiegereltern, Stiefeltern
  • Ehepartner*innen, Lebenspartner*innen, Partner*innen einer eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft
  • Geschwister, Ehepartner*innen der Geschwister und Geschwister der Ehepartner*innen, Lebenspartner*innen der Geschwister und Geschwister der Lebenspartner*innen
  • Kinder, Adoptiv- oder Pflegekinder, die Kinder, Adoptiv- oder Pflegekinder des*der Ehepartners*in oder Lebenspartners*in, Schwiegerkinder und Enkelkinder

Das Familienpflegezeitgesetz gilt jedoch nicht für Beamt*innen. Für diese gelten die Regelungen der jeweiligen Länder. Auch hier besteht zwar ein rechtlicher Anspruch auf Familienpflegezeit, jedoch muss in diesem Fall die Freistellung von der beruflichen Tätigkeit mit dem jeweiligen Dienstherrn besprochen werden.

Familienpflegezeit: Voraussetzungen

Falls Sie Familienpflegezeit beantragen wollen, um mehr Zeit für die häusliche Pflege Ihrer Liebsten zu haben, müssen Sie zunächst verschiedene Voraussetzungen erfüllen. Grundsätzlich muss die pflegebedürftige Person mindestens Pflegegrad 1 haben. Zu den weiteren Voraussetzungen gehören:

  • Sie befinden sich in einem Beschäftigungsverhältnis als Arbeitnehmer*in, Auszubildende*r oder sind in Heimarbeit beschäftigt.
  • Ihre Arbeitszeit beträgt mindestens 15 Stunden pro Woche.
  • Bei der pflegebedürftigen Person handelt es sich um eine*n nahe*n Angehörige*n.
  • Die Pflege findet in der Wohnung Ihrer*s Liebsten oder in Ihrer eigenen Wohnung statt.
  • Ihr Rechtsanspruch auf Familienpflegezeit besteht nur, wenn Ihr Arbeitgeber mehr als 25 Beschäftigte hat. Bei 25 oder weniger Beschäftigten entfällt dieser.

Familienpflegezeit beantragen

Um Familienpflegezeit beim Arbeitgeber beantragen zu können, müssen Sie diese schriftlich ankündigen. Dazu benötigen Sie eine Bescheinigung über die Pflegebedürftigkeit der zu pflegenden Person. Zusätzlich geben Sie die Dauer der Familienpflegezeit an und treffen eine Vereinbarung über Ihre Arbeitszeit während dieser Zeit. Dabei müssen Sie eine Ankündigungsfrist von mindestens acht Wochen vor Beginn der Familienpflegezeit einhalten.

Für den Fall, dass Sie zunächst eine Dauer von weniger als 24 Monaten beantragen, können Sie diese auch noch verlängern, sofern Ihr Arbeitgeber zustimmt. Danach beginnt Ihr Kündigungsschutz 12 Wochen vor Beginn Ihrer Familienpflegezeit und endet auch mit dieser.

Familienzeit nehmen: Vorzeitiges Ende der häuslichen Pflege

Sollte die häusliche Pflege nicht mehr möglich sein, weil sich der Gesundheitszustand verschlechtert oder die pflegebedürftige Person verstirbt, endet die Familienpflegezeit vorzeitig vier Wochen nach Eintritt dieser Umstände. Sollten Sie aus anderen Gründen Ihre beantragte Familienpflegezeit beenden wollen, benötigen Sie dazu die Zustimmung seitens Ihres Arbeitsgebers.

Wege zur Pflege: Familienpflegezeit und Pflegezeit kombinieren

Sie können auch Familienzeit beantragen und diese mit der Pflegezeit kombinieren. Dies kann nötig sein, wenn die pflegebedürftige Person zu Beginn der häuslichen Pflege mehr Betreuung benötigt oder Sie sich zunächst an die neue Situation gewöhnen müssen. Für die Pflegezeit gelten die gleichen Rahmenbedingungen wie bei der Familienpflegezeit. Einziger Unterschied: Diese kann nur für maximal sechs Monate in Anspruch genommen werden, jedoch können Sie sich in dieser Zeit vollständig von der Arbeit freistellen lassen.

Falls Sie sich für diese Kombinationsmöglichkeit entscheiden, gilt es verschiedene Dinge zu beachten:

  • Bei der Kombination von Pflege- und Familienpflegezeit dürfen beide Leistungen zusammen maximal 24 Monate umfassen. Die Dauer der Pflegezeit beträgt dabei maximal sechs Monate.
  • Beide Leistungen müssen ohne Unterbrechung aneinander anschließen.
  • Sie müssen Ihre*n Arbeitgeber*in spätestens drei Monate vor Beginn der Familienpflegezeit schriftlich informieren, wenn diese an die Pflegezeit anknüpft.
  • Knüpft die Pflegezeit an die Familienpflegezeit an, müssen Sie Ihren Arbeitgeber spätestens 8 Wochen vor Beginn der Pflegezeit informieren.

Familienzeit nehmen

Die Familienpflegezeit stellt für pflegende Angehörige eine Möglichkeit dar, mit den täglichen Herausforderungen in der häuslichen Pflege zurechtzukommen, indem sie ihren Alltag flexibler gestalten können. Die doppelte Belastung von Beruf und Pflege kann unter Umständen zu einem Burnout führen. Daher sollten Sie unbedingt die Möglichkeit wahrnehmen und Familienzeit beantragen, falls die Belastung zu groß wird.